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Die Bedeutung des Volatilitäts-Skews

Wenn  Optionshändler vom Volatilitäts-Skew sprechen, sind die unterschiedlichen impliziten Volatilitäten auf der Call- und Putseite bei Optionen der gleichen Fälligkeit gemeint. Die Optionspreise der Puts sind „teurer“ als die vergleichbaren Calls. Das drückt sich in den impliziten Volatilitäten der Puts und Calls aus, die Puts haben eine größere implizite Vola als die Calls. Typischerweise ist die implizite Vola in der Nähe des ATM-Strikes am niedrigsten und je weiter man sich auf der Unterseite vom Geld entfernt, desto höher wird sie.

In der folgenden Grafik sehen wir, dass die ATM-Optionen (Calls und Puts) eine IV von etwa 22% haben. Die Puts mit einem Strikepreis von 1300 (200 Punkte unter ATM) handeln dagegen bei etwa 28% impliziter Vola. Auf der Oberseite finden wir den Tiefpunkt etwa 100 Punkte über ATM (IV bei knapp 20%) und die 200 Punkte entfernten Calls sind auf dem ATM-Niveau, also 22%.

Warum ist das so? So einen Skew finden wir in der Optionspreisstruktur von Underlyings, bei denen das Abwärtsrisiko größer ist als das Aufwärtsrisiko, hauptsächlich bei Aktien und Aktienindizes. Die Wahrscheinlichkeit einer heftigen und schnellen Abwärtsbewegung ist größer als die Wahrscheinlichkeit eines vergleichbaren Aufwärtsschubs. Oder anders ausgedrückt: Börsencrashs gibt es nur auf der Unterseite, ein „Aufwärtscrash“ mag bei Einzelaktien noch vorstellbar sein, nicht aber bei Aktienindizes. Somit hat ein Stillhalter, der sich 200 Punkte vom Strikepreis engagiert, mit short Puts ein größeres Risiko als mit short Calls – die Folge: Stillhalter fordern (und erhalten) auf der Unterseite eine höhere Prämie, damit werden sie entschädigt für das Zusatzrisiko auf der Unterseite. Und höhere Prämien drücken sich in höheren impliziten Volatilitäten der Optionen aus.

Bei anderen Underlyings sieht das übrigens auch anders aus. Rohstoffe und Devisen kennen gleichstarke Aufwärts- und Abwärtsbewegungen. Konflikte in Nahost können den Ölpreis schon mal über Nacht kräftig nach oben schieben. Wenn wir für solche Underlyings die impliziten Volatilitäten der Optionen vergleichen, sehen wir in der Regel einen sogenannten „Smile“, wie z.B. bei den Optionen auf den japanischen Yen:

Wir sehen, dass die IV sowohl auf der Unterseite als auch auf der Oberseite ansteigt, je weiter wir uns von At-The-Money entfernen. Das mit dem höheren Abwärtsrisiko bei Aktien mussten die Optionshändler im Übrigen auch erstmal lernen. Hier ein Vergleich der impliziten Volatilitäten vor dem Aktienmarktcrash von 1987 und danach:

Wir sehen, dass die typische Skew-Form mit höheren impliziten Volas auf der Unterseite vor diesem Ereignis am Optionsmarkt nicht existierte. Nachdem wir definiert haben, was der Skew eigentlich ist, können wir betrachten, wie sich der Skew in der Praxis verhält. Es ist nämlich bei weitem nicht so, dass der Skew im Zeitablauf konstant bleibt. Zum einen ändert er sich, wenn die Restlaufzeit der Optionen zurückgeht und zum anderen, wenn das Gesamtniveau der Volatilität sich ändert, etwa durch Bewegung am Aktienmarkt selbst. Den grundsätzlichen Zusammenhang zwischen Aktienmarktrichtung und Volatilität kennen wir: steigen die Aktienkurse, geht die implizite Volatilität normalerweise zurück und umgekehrt beobachten wir typischerweise einen Anstieg der IV, wenn die Kurse ins Rutschen kommen. Die Erklärung für einen Anstieg der Volatilität bei einem Kursrückgang ist
die zunehmende Furcht der Marktteilnehmer vor einer größeren Abwärtsbewegung. Was aber nicht allen Optionshändlern klar ist, ist wie sich der Skew typischerweise in solchen Situationen verhält. Bei einem fallenden Markt wird die Skewkurve in der Regel flacher. Eine Versteilerung des Skews beobachten wir dagegen typischerweise in Aufwärtsmärkten.

Für uns Optionshändler ist dieser Umstand bedeutsam, da die Veränderung des Skews natürlich Auswirkungen auf unsere Trades hat. Wer nur auf Volatilitätsindizes wie den VIX oder RVX schaut und aus der Veränderung dieser Indizes ableitet, wie sich die Trades entwickeln werden, übersieht den Einfluss des Skews und wundert sich vielleicht im Nachhinein, warum sich die P&L anders verändert als erwartet. Machen wir ein Beispiel. Wir befinden uns in einem steigenden Markt, das Volaniveau insgesamt geht zurück und der Skew wird steiler: die blaue Skewkurve wird zur bernsteinfarbenen:

Nehmen wir weiter an, wir haben einen Butterfly gekauft mit den im obigen Schaubild dargestellten Strikes (grün markiert sind die Longs und rot die Shorts). Wir sehen, dass das Absinken des Vola-Niveaus durch die Versteilerung des Skews eine ganz andere Bedeutung bekommt, wenn man die Lage unserer Long- und Shortoptionen mit in die Betrachtung einbezieht. Natürlich leiden die Longs wegen des Vola-Rückgangs, während unsere Shorts profitieren. Ob unser Trade im dargestellten Szenario insgesamt verliert oder gewinnt, hängt davon ab, welcher Effekt stärker ausgeprägt ist. Im obigen Beispiel ist die IV-Veränderung bei den unteren Longs relativ gering, während der Rückgang der impliziten  Volatilität bei den oberen Longs äußerst groß ist. Dieser „Right-Leg-Crash“ ist hauptverantwortlich für volatilitätsbedingte Verluste in Szenarien wie dem dargestellten. Die Shorts
profitieren nicht stark genug, um die negativen Einflüsse der Longs zu überkompensieren. Es kommt auf Tradeebene zu Verlusten und der unerfahrene Optionshändler reibt sich erstaunt die Augen, weil er doch gelernt hatte, dass ein Volarückgang für ihn eher positiv ist…

Was können wir jetzt mit diesem Wissen anfangen? Uns sollte zumindest bewusst sein, dass es bei steigenden Kursen zu volatilitätsgetriebenen Verlusten kommen kann (nicht muss). Wir von Optionsuniversum haben deshalb z.B. beim BF70plus Adjustierungsmaßnahmen im Regelwerk festgehalten, um die Auswirkungen des „Right-Leg-Crashs“ abzufedern.

Leider ist es nahezu unmöglich vorherzusagen, wie steil der Skew in einem Aufwärtsmarkt wird und die konkreten Auswirkungen auf einen bestehenden Trade. Es gibt auch immer wieder Phasen, in denen die Kurse steigen und der Skew nicht steiler wird, sich eventuell sogar verflacht. In so einem Szenario würde unser Beispieltrade natürlich überproportional profitieren. Dennoch sollten wir beim Handel immer nach den Wahrscheinlichkeiten gehen und die signalisieren eindeutig eine zu erwartende Versteilung des Skews bei steigenden Aktienkursen. Überlegen Sie sich am besten deshalb vorher, ob Handlungsbedarf bei Ihren Trades entstehen könnte oder handeln Sie gleich nach den Optionsuniversum-Regelwerken, in das Tradedesign haben wir natürlich diese Überlegungen einbezogen.

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